Zen und Sensory Awareness

»Sen­so­ry Awa­re­ness ist die inne­re Erfah­rung des gesam­ten Wesens, wenn der Geist still wird« (Shun­ryu Suzu­ki Roshi)

Am Wochen­en­de, 27.10. bis 29.10.2017 ver­an­stal­tet das San Bo Dojo einen »Zen & Sen­so­ry Awa­re­ness« Work­shop mit Ste­fan Laeng-Gil­liatt. Das Wochen­en­de wird Antei­le klas­si­scher Zen-Pra­xis sowie Work­shop­an­tei­le von Sen­so­ry Awa­re­ness ent­hal­ten. In die­ser Zeit wol­len wir uns expli­zit mit dem Sit­zen, Gehen, Ste­hen und Lie­gen beschäftigen.

Wäh­rend Zen uns eine aus­ge­reif­te Form vor­gibt, in der wir uns erfor­schen und die wir mit Leben fül­len, läßt Sen­so­ry Awa­re­ness vor­ge­ge­be­ne For­men bzw. gesi­cher­te Erkennt­nis­se erst­mal hin­ter sich und for­dert uns auf, durch tas­ten­des Pro­bie­ren zu ent­de­cken, wie etwas sein will. Die­ser Work­shop bie­tet Gele­gen­heit, die wun­der­ba­re Ver­wandt­schaft die­ser bei­den Ansät­ze zu erfah­ren. Jeder Augen­blick ist eine Chan­ce, ver­meind­li­che Sicher­hei­ten hin­ter uns zu las­sen und Schrit­te ins Offe­ne zu wagen, um Fra­gen zu stel­len, anstatt Ant­wor­ten zu suchen.

Zen-Prak­ti­zie­ren­de aller Tra­di­tio­nen sowie Sen­so­ry Awa­re­ness Prak­ti­ker sind herz­lich eingeladen.

Der Sen­so­ry Awa­re­ness Leh­rer, Ste­fan Laeng-Gil­liatt, ist gebür­ti­ger Schwei­zer, lebt und arbei­tet jedoch in den USA. Gemein­sam mit Char­lot­te Sel­ver hat er, bis zu ihrem Tod 2003, immer wie­der auch Work­shops in ver­schie­de­nen Zen-Zen­tren (San Fran­ciso Zen Cen­ter, Tas­s­a­ja­ra Zen Moun­tain Cen­ter, Green Gulch Farm etc.) in den USA gege­ben. Er selbst hat lan­ge Erfah­rung mit Zen und Vipas­sa­na und eine Rei­he von Kon­tak­ten zu US-ame­ri­ka­ni­schen Zen-Leh­rer/in­nen. Für ein Buch über sei­ne Leh­re­rin, Char­lot­te Sel­ver, hat er mit eini­gen von ihnen inter­es­san­te Inter­views* geführt, da Sen­so­ry Awa­re­ness in den Staa­ten durch­aus bekannt ist, auch als Ergän­zung zum Zen.

Ter­min: 27.10.17 bis 29.10.2017

Ort: Dorf­schu­le Hes­seln (bei Bonn)
Dorf­stra­ße 40, 53562 Hes­seln Leubsdorf
www​.dorf​schu​le​-hes​seln​.de

Kos­ten:
Nor­mal­preis: 220,00 €
Mit­glie­der des Zen Dojo Bonn e.V.: 120,00 €
inkl. Über­nach­tung und (vega­ne) Verpflegung.
Redu­zie­rung auf Anfra­ge möglich.

Infos/Anmeldung: www​.zen​-bonn​.de

Anmel­dun­gen bit­te schrift­lich an info@zen-bonn.de.
Die Teil­neh­men­den­zahl ist begrenzt. Anmel­dun­gen wer­den mit Zah­lungs­ein­gang auf fol­gen­des Kon­to gültig:

Volks­bank Bon­n/Rhein-Sieg
IBAN: DE79 3806 0186 1304 3600 18
BIC: GENODED1BRS

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Die Zen-Peitsche von Yunqi Zhuhong erschienen

Ihr wollt Chan auf prak­ti­sche Wei­se erkun­den? Dann müsst ihr loslassen.“

Yun­qi Zhuh­ong (1535–1615) ver­fass­te im Jahr 1600 „Die Zen(Chan)-Peitsche“ (Chan­gu­an cejin). Die­se Peit­sche steht für einen Text, der sich mit weni­gen Wor­ten aufs Wesent­li­che kon­zen­triert. Er ver­sam­melt zum größ­ten Teil Chan-Geschich­ten von der spä­ten Tang- (9. Jh.) bis zur spä­ten Ming-Dynas­tie (16. Jh.), des­wei­te­ren zu etwa einem Fünf­tel Aus­zü­ge aus Sutren und Abhand­lun­gen. Inhalt­lich behan­deln sie vor allem die geleb­te Chan-Pra­xis, und das im Hin­blick auf das von Dahui Zonggao (1089–1163) gepräg­te „kan­hua chan“ (jap. kan­na zen). Die­ses besteht aus dem Lotus­sitz in Ver­bin­dung mit der Kon­zen­tra­ti­on auf ein „Schlüs­sel­wort“ bzw. eine gan­ze Rede­wen­dung (hua­tou) aus einem Koan („Fall“). — Das Buch ist auf­wän­di­ger gemacht als üblich (Faden­hef­tung) und dadurch, dass es on demand her­ge­stellt wird, ent­spre­chend teu­rer. Hier ein Auszug:

Abt Xue­ting unter­weist die Sang­ha 

Vier­und­zwan­zig Stun­den am Tag seid wie ein Pen­ner, der alles ver­lo­ren hat, und rich­tet euer Augen­merk aufs Schlüs­sel­wort: „Bevor Vater und Mut­ter dich zeug­ten, was war da dein ursprüng­li­ches Gesicht?“ Küm­mert euch nicht dar­um, ob ihr dar­aus Ener­gie gewinnt oder nicht oder ob ihr Erstar­rung und Ablen­kung erfahrt oder nicht. Zerrt ein­fach inbrüns­tig das Schlüs­sel­wort in eure vol­le Aufmerksamkeit.

Yun­qi Zhuh­ong: Die Zen-Peit­sche. Ang­kor Ver­lag. 180 Sei­ten. Gebun­den. Faden­hef­tung. 50 €. ISBN: 978–3‑943839–37‑1. Taschen­buch 15 €. E‑Book 9,99 €.

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Die Religion der Samurai. Klassiker von Kaiten Nukariya erschienen.

»Schrif­ten sind nur Papierverschwendung«.

Trotz die­ses Zen-Cre­dos ver­gleicht Nuka­ri­ya Kai­ten in sei­nem Klas­si­ker aus dem Jah­re 1913 die Idea­le von Samu­rai und Zen-Mön­chen. Er stellt u.a. ver­schie­de­ne Men­schen­bil­der aus dem alten Chi­na vor und hin­ter­fragt dabei unse­re mora­li­schen Anla­gen, ohne dem Nihi­lis­mus oder Idea­lis­mus zu frönen.

Nuka­ri­ya Kai­ten (1867–1934) war Mönch und Pro­fes­sor für Bud­dhis­mus inner­halb der japa­ni­schen Sôtô-Schu­le. Eini­ge Jah­re lang hielt er Vor­trä­ge in den USA. Er ver­fass­te mehr als 25 Bücher, dar­un­ter Prin­ci­ples of prac­ti­ce and Enligh­ten­ment of the Soto Sect, und setz­te sich ins­be­son­de­re mit dem Chris­ten­tum aus­ein­an­der. Im vor­lie­gen­den Werk beleuch­tet er die Geschich­te des Zen in Chi­na und Japan sowie Aspek­te von Geis­tes­schu­lung und Erwa­chen und ihrer Ver­wirk­li­chung im all­täg­li­chen Leben. Dabei setzt er die Cha­rak­te­ris­ti­ka des Zen in Bezie­hung zu ande­ren gän­gi­gen phi­lo­so­phi­schen Vor­stel­lun­gen sei­ner Zeit und klärt Miss­ver­ständ­nis­se bezüg­lich der Mora­li­tät und über­na­tür­li­chen Kräf­ten des Menschen.

Nuka­ri­ya Kai­ten: Die Reli­gi­on der Samu­rai. Eine Stu­die der Phi­lo­so­phie des Zen in Chi­na und Japan. Aus dem Eng­li­schen von Juli­an Braun. Ang­kor Ver­lag. 232 Sei­ten. Paper­back. 20 €. ISBN: 978–3‑936108–92‑9. Bei Ama­zon bestell­bar.

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Was müssen wir jetzt spüren? – Edward Espe Brown im Gespräch mit Stefan Laeng-Gilliatt

         

Ste­fan: Vor eini­gen Jah­ren inter­view­te ich eine Rei­he von Men­schen im Umfeld des San Fran­cis­co Zen Cen­ter, mit denen Char­lot­te Sel­ver und Charles Brooks eine lang­jäh­ri­ge Freund­schaft ver­band. Ed Brown traf sie in den 1960ern zum ers­ten Mal im Tas­s­a­ja­ra Zen Moun­tain Cen­ter, als er dort Ten­zo (obers­ter Koch) war. Char­lot­te und Charles waren häu­fig Gäs­te in Tas­s­a­ja­ra, wo sie über vie­le Jah­re jeden Som­mer Work­shops lei­te­ten. Was folgt, ist ein bear­bei­te­ter Aus­zug mei­ner Unter­hal­tung mit Ed:

Espe Brown: Egal was Char­lot­te Sel­ver uns bei­brach­te, es war so unge­wöhn­lich und für man­che Leu­te schwer zu ver­ste­hen. Ich erin­ne­re mich an einen Kurs in Tas­s­a­ja­ra. Sie sag­te: »Dreh Dei­nen Kopf nach Rechts und dann dreh ihn zurück«. Sofort frag­te jemand: »Wie genau sol­len wir das tun?« Vie­le Jah­re spä­ter, als ich anfing Koch­kur­se zu geben und etwa sag­te: »Lasst uns pro­bie­ren«, frag­ten Leu­te: »Was sol­len wir schme­cken?«. Es ist schwer für die Men­schen, ein­fach nur zu schme­cken. Irgend­wie schei­nen man­che Leu­te lie­ber die »rich­ti­ge« Erfah­rung zu machen, als die die sie gera­de haben.

Momen­tan arbei­te ich mit etwas, dass ich »Acht­sa­me Berüh­rung« (mindful­ness touch) nen­ne. Zum Teil bin ich dabei von den Kur­sen beein­flusst, an denen ich mit Char­lot­te Sel­ver und Charles Brooks in Tas­s­a­ja­ra teil­ge­nom­men habe. Bei der »Acht­sa­men Berüh­rung« ist es das sel­be — Acht­sam­keit ist das bud­dhis­ti­sche Kon­zept der Erfah­rung, ohne zu urtei­len, gut/schlecht und ohne zu bewer­ten richtig/falsch. Ein­fach etwas zu erle­ben. Das ist sehr her­aus­for­dernd aber ich bin zu dem Ver­ständ­nis gelangt, dass Du, solan­ge Du urteilst, noch kei­ne wirk­li­che Erfah­rung machst. Auch bei Berüh­run­gen fol­gen wir oft Anwei­sun­gen, wir erfah­ren fast alles mit Anwei­sun­gen, Anwei­sun­gen, was zu tun ist, wie Du sein sollst. Wie kannst du so wirk­lich etwas erfahren?

Ich hat­te eini­ge Begeg­nun­gen mit Char­lot­te und Charles, in denen ich dies her­aus­fin­den konn­te. Es hat aber Jah­re gedau­ert, bis ich dies wirk­lich in mei­nem Leben ver­wirk­li­chen konn­te. Es ist so schwer sich zu ändern. Ich hat­te ein furcht­ba­res Kind­heits­trau­ma. Ich kann nicht sagen, wie ande­re es erle­ben aber je mehr ich anfing, ein­fach nur zu spü­ren, was in mir ist, anstatt sicher zu gehen, dass ich das rich­ti­ge spür­te, tauch­te ich unmitt­lel­bar da hinein.

Ich nahm regel­mä­ßig an den Kur­sen mit Char­lot­te und Charles auf der Veran­da des Spei­se­saals von Tas­s­a­ja­ra teil. Ich arbei­te­te hart und schlief eher wenig, und so war ich nach­mit­tags meis­tens schreck­lich müde. Aber wenn ich zu ihren Kur­sen ging, war ich nach einer Stun­de des “Ein­fach-da-seins” anstatt »ich muss dies, ich muss das”, wie­der erfrischt.

Es gibt eine Geschich­te, über ihre Anfän­ge mit Sen­so­ry Awa­re­ness, die Char­lot­te mir erzähl­te. Ich nut­ze sie oft, wenn ich mit Men­schen Qi Gong mache. Die Art Qi Gong die ich prak­ti­zie­re, rich­tet den Fokus nicht dar­auf, es rich­tig zu tun, son­dern mehr dar­auf, die Bewe­gung zu erspü­ren und nicht eine Bewe­gung durch­zu­füh­ren. Ich weiß nicht, ob Char­lot­te die­se Spra­che gewählt hat aber für mich ist es »Führ die Bewe­gung nicht aus, spü­re die Bewegung«.

Ste­fan: Sie hät­te nicht die­se Wor­te gebraucht aber es ist das, was sie tat.

Espe Brown: Also, Char­lot­te hat­te von einer Leh­re­rin namens Elsa Gind­ler gehört und woll­te sie tref­fen. Sie sag­te zu Gind­ler: »Ich möch­te mit ihnen stu­die­ren«. Und Elsa erwi­der­te: “Sie wis­sen zuviel, Sie kön­nen nicht mit mir stu­die­ren«. Irgend­wie hat Char­lot­te aber dar­auf bestan­den, bis Gind­ler schließ­lich Ja sag­te. Char­lot­te erzähl­te, dass sie ein Jahr lang dach­te, dass Gind­ler die abso­lut wun­der­bars­ten Din­ge unter­rich­te­te und alles was sie sag­te, ein­fach bril­li­ant und wei­se war aber sie sag­te auch, »sie schien mich nicht rich­tig anzu­er­ken­nen. Wenn sie mich ansah, war es so, als wür­de sie mei­ne Anwe­sen­heit nicht wirk­lich schät­zen. Und dann, nach unge­fähr einen Jahr, dreh­te Elsa sich zu mir um und sag­te: »Oh, Char­lot­te, Gott sei Dank, end­lich eine authen­ti­sche Bewe­gung und kei­ne Pose. ».« Char­lot­te sag­te, danach wur­de es wesent­lich schwieriger.

Das ist auch etwas, was ich den Men­schen bei­brin­gen will, den Unter­schied zwi­schen Authen­ti­zi­tät und Pose oder den Unter­schied zwi­schen einem Ver­hal­ten, was Zustim­mung sucht und anwe­send und leben­dig zu sein. Manch­mal nen­ne ich das dann echt wer­den. Und ich sehe nicht vie­le Men­schen, die echt sind. Man­che Zen Leu­te sind es, aber nicht alle. Und eini­ge sind ech­ter als andere.

Ste­fan: Im Zen hast Du die Her­aus­for­de­rung in einer sehr kla­ren Form echt zu sein. Oft genug brin­gen die Leu­te das dann durch­ein­an­der und ver­su­chen, die Form zu sein.

Espe Brown: Ja, die Leu­te brin­gen das durch­ein­an­der und ver­su­chen, die Form zu sein. Suzu­ki Roshi sag­te, wir haben eine for­mel­le Pra­xis mit zwang­lo­sem Füh­len aber eine Men­ge Leu­te betrei­ben eine for­mel­le Pra­xis mit erzwun­ge­nem Füh­len. Auf der ande­ren Sei­te scheint es mir für vie­le Men­schen schwie­rig zu sein, direkt zu Sen­so­ry Awa­re­ness zu kom­men und nicht vor­her eine »Tue genau dies und tue es genau so« Pra­xis gehabt zu haben.

Ste­fan: Das ist ein inter­es­san­ter Punkt. Ich habe mit Men­schen in der Schweiz gear­bei­tet, die Kolleg/innen von Char­lot­te und Schüler/innen von Gind­ler und Jaco­by waren und ich weiß, dass in Ber­lin eine Genau­ig­keit und Prä­zi­si­on herrscht, die Char­lot­te zurück­ge­las­sen hat. Sie war nicht unprä­zi­se aber ich glau­be, sie ziel­te direkt auf’s Herz der Sache.

Espe Brown: Ich den­ke, dass Char­lot­te mit den Jah­ren gemerkt hat, dass eine Men­ge Leu­te im Zen Cen­ter ziem­lich rigi­de waren und Din­ge so taten, wie sie sie tun soll­ten, anstatt zu erle­ben, anstatt zu erfah­ren, was tat­säch­lich geschieht. Ich habe Jah­re ver­sucht das zu unter­rich­ten und ich bin damit viel­leicht annä­hernd so erfolg­reich wie Char­lot­te es war aber wer weiß.

In mei­nen Koch­kur­sen las­se ich viel pro­pie­ren. Manch­mal neh­me ich Erd­bee­ren, wir schme­cken die Erd­bee­ren und dann füge ich etwas Ahorn­si­rup dazu: »Oh, das ist gut«. Danach geben wir ein paar Trop­fen Bal­sa­mi­co-Essig dazu — nicht so sehr wegen des Essig­ge­schmacks, son­dern wegen der leich­ten Säu­re und sie sagen: »Woah, das schmeckt jetzt noch mehr nach Erd­bee­ren«. Und nach einem Quent­chen Schwar­zen Pfef­fer sagen sie: »Es ist nicht so, als wäre es pfeff­rig oder scharf im Mund aber es schmeckt noch mehr nach Erd­bee­re«. Es scheint, als könn­test Du Erd­bee­ren noch mehr nach Erd­bee­ren schme­cken las­sen, wenn Du vor­sich­tig bist und es nicht übertreibst.

Ste­fan: Char­lot­te gebrauch­te die Ana­lo­gie des Schme­ckens sehr häu­fig und for­der­te uns sogar auf, eine Bewe­gung zu schmecken.

Espe Brown: Ja, genau, mit den Jah­ren hat­te ich des öfte­ren die Erfah­rung, dass man­che Bewe­gun­gen oder Din­ge köst­li­cher sind als andere.

Ich arbei­te gera­de an einem neu­en Buch über mein Leben. Ich begin­ne mit der Zeit in Tas­s­a­ja­ra, als ich nach neun­zehn Jah­ren Zen Pra­xis eines Tages dach­te, was wer­de ich wohl heu­te wäh­rend des Sit­zens machen und der Gedan­ke auf­tauch­te, war­um nicht ein­fach das Inners­te mit etwas Wär­me und Wohl­wol­len berühren.
Sofort lie­fen mir die Trä­nen run­ter und eine lei­se Stim­me sag­te: »Es wird lang­sam Zeit«. So lang hat es gedau­ert — neun­zehn Jah­re Zen Pra­xis — bis ich mir end­lich etwas eher Sen­so­ry Awa­re­ness ähn­li­ches zu erle­ben erlaub­te. Und ich hat­te eine Men­ge Arbeit damit. Ich weiß nicht, ob das für jede/n gilt aber bestimmt scheint es für Leu­te, die in ihrer Kind­heit miss­braucht wur­den und alko­hol­kran­ke Eltern hat­ten, eine Men­ge »Rest-Dra­ma« zu geben, wel­ches es ziem­lich schwie­rig macht, mit Sen­so­ry Awa­re­ness zu arbei­ten. Sich einer Art von inter­nen Rea­li­tät zu öff­nen oder ganz ein­fach zu spü­ren was ist, bedeu­tet, eini­ge Regeln zu bre­chen. Regeln, die Du Dir selbst auf­er­legt hast und wenn Du die brichst, kommst Du nicht umhin zu glau­ben, dass Du ver­letzt wer­den wirst.

Ste­fan: Inter­es­sant, dass so jemand dann eine Pra­xis wie das Zen aus­sucht, wel­che so vie­le Regeln kennt.

Espe Brown: Tja, weil es ein Gefühl der Sicher­heit bringt — bis zu einem bestimm­ten Punkt. Danach sah ich Kata­gi­ri Roshi. Er war damals der inte­ri­mis­ti­sche Abt, und ich frag­te ihn: »Kata­gi­ri Roshi, wäh­rend mei­ner Medi­ta­ti­on berüh­re ich ein­fach was innen ist. Ist das in Ord­nung? Ist das Zen?« Er ant­wor­te­te: »Ed, zwan­zig Jah­re lang habe ich ver­sucht das Zazen Dogen´s zu prak­ti­zie­ren, bevor mir klar wur­de, das es so etwas nicht gibt«. Es gibt kein rich­tig machen, es gibt kei­ne Art und Wei­se wie Du zu sein hast.

Ich ver­ste­he etwas davon, mit Din­gen in Kon­takt zu sein, Din­ge direkt zu spü­ren und für mich selbst zu wis­sen, was was ist und kei­ne fes­te Form zu haben, an der ich fest­hal­ten müss­te. Aber es gibt etwas in der Form des Zen… Manch­mal bleibt Dir nichts ande­res übrig, als ein­fach Dei­ne Schwie­rig­kei­ten zu stu­die­ren. Es scheint eine gewis­se Nütz­lich­keit in der gan­zen Struk­tur zu geben. Ich brauch­te Struk­tur. Gefüh­le kom­men meis­tens aus unse­rer frü­hen Kind­heit. Gefüh­le drü­cken nicht das Jetzt aus. Gefüh­le von frü­her wer­den aus­ge­löst. Dar­in war ich über Jah­re ver­lo­ren und ich ver­brach­te Jah­re damit, da raus zu kom­men und von daher ist es nicht leicht zu sagen, was hilf­reich oder ange­mes­sen für einen sel­ber ist. Mei­ner Mei­nung nach kann Zen — for­mel­le Pra­xis mit zwang­lo­sem Füh­len, nach Außen hälst du die Form, im Innern fällst du aus­ein­an­der — theo­re­tisch sehr hilf­reich sein aber ich glau­be, die wenigs­ten Leu­te ver­ste­hen das. Die meis­ten Men­schen den­ken, es geht dar­um, die Fas­sung nicht zu ver­lie­ren, aber idea­ler­wei­se bleibst du intakt und fällst gleich­zei­tig aus­ein­an­der. Ansons­ten bewahrst du ein­fach die Fas­sung und der gan­ze Kram den Du nicht ver­ar­bei­tet hast, wird Dich mit der Zeit krank machen.

Suzu­ki Roshi sag­te oft, Hin­der­nis­se sind eine Ein­la­dung zur Pra­xis. Schwie­rig­kei­ten sind der Weg. Doch ich glau­be, die meis­ten Leu­te sagen sich, »Nein, ich mache ein­fach die­ses Sen­so­ry Awa­re­ness und atme da durch«, wäh­rend die Leu­te, die in der Zen­do sit­zen sagen: »Nun, ich prak­ti­zie­re einfach«.

Ste­fan: Wir wol­len  die Fas­sung bewah­ren. Das fin­de ich inter­es­sant, weil ich mich manch­mal fra­ge, war­um wir tun was wir tun und ob es tat­säch­lich hilf­reich ist?

Espe Brown: Wirk­lich schwer zu sagen.

»Es scheint mir extrem wich­tig zu sein, auf­zu­wa­chen für etwas ande­res als ein »kann ich noch bes­ser wer­den, eine Erfah­rung zu kre­ieren, die ich haben soll­te«.

Ste­fan: Selbst in der Sen­so­ry Awa­re­ness habe ich bemerkt, dass wir uns manch­mal über­lis­ten und Din­ge füh­len, die gar nicht wirk­lich da sind.

Espe Brown: Ich habe Jah­re damit zuge­bracht rich­tig zu atmen. Im Bud­dhis­mus sagen die Leu­te immer und immer wie­der, fol­ge Dei­nem Atem, lass ihn zu, und ich habe das geübt. Du magst den­ken, Du lässt den Atem frei flie­ßen und es stellt sich raus, dass er ein­fach nur so fließt, wie Du ihm sagst, das er flie­ßen soll. Gele­gent­lich bemerkst Du in Bezug auf Dei­nen Atem dann etwas wie, »Oh, ich glau­be, ich habe ihn beein­flußt«. Es ist sehr schwer Erfah­run­gen zu machen, die wirk­lich frisch und neu sind, unmit­tel­bar. Aber das scheint mir extrem wirk­sam, extrem wich­tig zu sein, um auf­zu­wa­chen für etwas ande­res als ein »kann ich noch bes­ser wer­den, eine Erfah­rung zu kre­ieren, die ich haben sollte«.

Ste­fan: Alles was wir tun, ist immer eine neue Erfah­rung, die aus vor­an­ge­gan­ge­nen Bedin­gun­gen resul­tiert. Was meint fri­sche Erfah­rung? Im Bud­dhis­mus spricht man von wah­rer Natur. Ich habe die­se Vor­stel­lung auf­ge­ge­ben. Was ist das überhaupt?

Espe Brown: Es ist ein Wort, ein Kon­zept. Wah­re Natur ist kei­ne Natur, kei­ne fes­te Natur. Dei­ne wah­re Natur zu ken­nen bedeu­tet, dass Du ursprüng­lich frei bist. Das es nichts zu tun gibt, nichts zu fli­cken oder zu ver­än­dern. Gibt es einen Punkt, an dem ich nur noch emp­fan­gen kann und glück­lich bin wahr­zu­neh­men anstatt den nächs­ten Feh­ler zu fin­den, ihn zu benen­nen und zu repa­rie­ren? Für mich ist das so etwas wie Sen­so­ry Awareness.

Auf der ande­ren Sei­te willst Du manch­mal wis­sen, wie ich z.B. die­ses oder jenes koche? Was tue ich? Wir leben in unter­schied­li­chen Wel­ten und ich glau­be, die Leu­te den­ken, wenn sie anfan­gen zu medi­tie­ren, hilft ihnen das her­aus­zu­fin­den, was sie tun kön­nen und wie sie die Din­ge bes­ser machen kön­nen und wie sie bes­se­re Ergeb­nis­se erzie­len, doch ich bin nicht sicher — viel­leicht, viel­leicht auch nicht. Ich glau­be, letzt­lich geht es um…

Ste­fan: Damit ende­te unse­re Unter­hal­tung abrupt. Das­Te­le­fon klin­gel­te und Ed ging her­an. Als ich das Skript für die­sen Arti­kel bear­bei­te­te, rief ich Ed an und frag­te ihn, was er wohl an der Stel­le habe sagen wol­len. Sei­ne Ant­wort war: »Per­fek­tes Timing! Ich glau­be, es geht ein­fach dar­um ans Tele­fon zu gehen, wenn es klin­gelt«. Er bot mir aber auch ein ande­res Ende an: letzt­lich geht es nicht dar­um, dass alles bes­ser wird, son­dern dass wir mit unse­rer eige­nen Erfah­rung ver­traut wer­den, dass wir vom Her­zen her leben und nicht im Über­le­bens­mo­dus funktionieren.

Edward Espe Brown begann mit Zen und Kochen im Jahr 1965 und wur­de 1971 von Shun­ryu Suzu­ki Roshi zum Pries­ter ordi­niert. Sei­ne Unter­wei­sung ist sowohl unbe­küm­mert und ein­dring­lich, gemischt mit Poe­sie und Geschich­ten­er­zäh­len. Nach­dem er haupt­ver­wan­tort­li­cher Leh­rer an allen San Fran­cis­co Zen Cen­ters: Tas­s­a­ja­ra, Green Gulch und City Cen­ter war, hat er aus­ser­dem Medi­ta­ti­ons­retre­ats und Koch­kur­se in den gesam­ten USA sowie in Öster­reich, Deutsch­land, Spa­ni­en und Eng­land gelei­tet. Er ist Autor diver­ser Koch­bü­cher, wie The Tas­s­a­ja­ra Bread Book und Toma­to Bles­sings and Radish Tea­chings, sowie Lek­tor von »Not Always So«, ein Buch mit Unter­wei­sun­gen von Shun­ryu Suzu­ki Roshi (Juni, 2002). Dar­über hin­aus hat er seit 1980 umfas­send Vipas­sa­na prak­ti­ziert und von Zeit zu Zeit Yoga. Seit ein paar Jah­ren lei­tet er Work­shop zu Libe­ra­ti­on Through Hand­wri­ting und Mindful­ness Touch und hat mit der Pra­xis von Chi Gung ange­fan­gen. Doris Dör­ries Film über Ed Brown, How to Cook Your Life, kam im Okto­ber 2007 her­aus. Das voll­stän­di­ge Tas­s­a­ja­ra Cook­book, eine Samm­lung sei­ner Schrif­ten, wur­de im Sep­tem­ber 2009 publiziert.

Ste­fan Laeng-Gil­liatt prak­ti­ziert Sen­so­ry Awa­re­ness und ver­wand­te Arbei­ten seit 1980. Er stu­dier­te mit Leh­re­rIn­nen in der Schweiz und den USA. Mit Char­lot­te Sel­ver arbei­te­te er von 1991 bis zu ihrem Tod 2003 inten­siv zusam­men, als Schü­ler wie auch in gemein­sa­men Kur­sen. Er erhielt von ihr 1996 die Lehr­be­rech­ti­gung. Bud­dhis­ti­sche Medi­ta­ti­on und Phi­lo­so­phie bil­den seit den frü­hen 80er Jah­ren eine Grund­la­ge sei­ner Arbeit und sei­nes Lebens. Er ist Exe­cu­ti­ve Mana­ger der Sen­so­ry Awa­re­ness Foun­da­ti­on und bie­tet sowohl Ein­zel- als auch Grup­pen­un­ter­richt und Work­shops an. Er arbei­tet zur Zeit an einem Oral Histo­ry und Buch­pro­jekt über Leben und Wir­ken von Char­lot­te Sel­ver. Ste­fan lebt in Han­cock, New Hamp­shire, USA.

Die eng­li­sche Fas­sung des Gesprächs fin­dest Du hier

Wei­te­re Infos: www​.mindful​nessin​mo​ti​on​.net

Wei­te­re Infos unter www​.zen​-bonn​.de

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Netzwerk Buddhismus in Bonn – Ein Gespräch mit Barbelies Wiegmann

Bar­be­lies Wieg­mann, Zen-Prak­ti­zie­ren­de seit einer Zeit, als das Sit­zen in Stil­le noch etwas sehr exo­ti­sches war, hat sich auf­ge­macht ein Netz­werk Bud­dhis­mus in Bonn zu grün­den. Zeit für ein Interview…

3 schät­ze: Lie­be Bar­be­lies, ich freue mich, dass wir die­ses klei­ne Inter­view füh­ren. Magst Du kurz etwas zu Dei­ner Per­son erzählen?

Bar­be­lies Wieg­mann: Von Hau­se aus bin ich Rechts­an­wäl­tin mit dem Schwer­punkt Fami­li­en­recht. Aber schon seit fast 20 Jah­ren arbei­te ich als Anwalts-Media­to­rin in Familienkonflikten.

3 schät­ze: Obwohl wir ja bei­de auf dem Zen Weg wan­deln und hier im schö­nen Bonn woh­nen, haben wir uns erst vor etwas über einem Jahr wirk­lich ken­nen­ge­lernt, als Du das „Netz­werk Bud­dhis­mus in Bonn“ ins Leben geru­fen hast. Was war die Moti­va­ti­on für ein sol­ches Netzwerk?

Bar­be­lies Wieg­mann: Nach und nach erfuhr ich, dass es in Bonn zahl­rei­che bud­dhis­ti­sche Gemein­schaf­ten gibt, die kaum oder gar nichts vor­ein­an­der wis­sen. Das woll­te ich ändern, denn auch bei der tra­di­tio­nell ver­schie­de­nen Pra­xis der Grup­pen sind doch alle im Grun­de auf dem Weg des Bud­dha. Ich wünsch­te mir neben mei­ner klei­nen Sang­ha auch eine gro­ße Sang­ha Bonn, damit wir uns unter­ein­an­der ken­nen ler­nen, über Gemein­sam­kei­ten und Unter­schie­de reden und gemein­sa­me Pro­jek­te pla­nen – aber auch, damit der Bud­dhis­mus in Bonn Gesicht und Stim­me haben kann.

3 schät­ze: Machen alle oder doch die meis­ten bud­dhis­ti­schen Grup­pen in Bonn mit?

Bar­be­lies Wieg­mann: Soweit ich sehe, sind fast alle Grup­pen am Netz­werk inter­es­siert und machen auch mit, natür­lich man­che mehr und man­che weniger.

3 schät­ze: Wel­che Ideen ver­folgt das Netz­werk? Gibt es gemein­sa­me Projekte?

Bar­be­lies Wieg­mann: Bis jetzt gibt es zwei gemein­sa­me Pro­jek­te: Seit 2016 ist eine Film­rei­he in der Bon­ner Kine­ma­thek (Brot­fa­brik) ent­stan­den, in der jeden vier­ten. Mitt­woch im Monat ein Film mit bud­dhis­ti­scher The­ma­tik gezeigt wird.

Das zwei­te gemein­sa­me Pro­jekt ist die gemein­sa­me Fei­er des Vesakh-Fes­tes. Die­ses Fest haben wir zum ers­ten Mal im Mai die­ses Jah­res, tra­di­ti­ons­über­grei­fend, sehr schön und wür­de­voll gefei­ert. Für 2018 pla­nen wir eine sol­che Fei­er, viel­leicht im grö­ße­ren Rah­men. Wei­te­re Pro­jek­te sind möglich.

3 schät­ze: Was ist Dei­ne Rol­le als Koordinatorin?

Bar­be­lies Wieg­mann: Zunächst habe ich ein ers­tes Tref­fen im April 2016 orga­ni­siert, nach­dem ich vor­her end­lich erfolg­reich beim Ermit­teln aller Adres­sen war. Seit­dem grei­fe ich alle Mit­tei­lun­gen, Vor­schlä­ge und Anre­gun­gen von Ein­zel­nen oder aus Grup­pen auf und lei­te sie an alle übri­gen wei­ter, manch­mal stel­le ich die­se zur Diskussion..

Für 2017 hat­te ich bereits im März zu einem Tref­fen ein­ge­la­den. Ein neu­es Tref­fen steht an im Herbst, vor allem, um das Vesakh-Fest 2018 vorzubereiten.

3 schät­ze: Gibt es schon Plä­ne, wie das Vesakh Fest im kom­men­den Jahr gestal­tet wer­den soll?

Bar­be­lies Wieg­mann: Es gibt bis­her nur eini­ge Vor­schlä­ge. Eini­ge möch­te am liebs­ten die­ses Fest ger­ne in der Öffent­lich­keit drau­ßen fei­ern, ande­re haben da noch Beden­ken. Mal schauen…

3 schät­ze: Wie lan­ge prak­ti­zierst Du schon Zazen? Siehst Du Dich in einer bestimm­ten Tradition?

Bar­be­lies Wieg­mann: Ich prak­ti­zie­re Zazen seit über 30 Jah­ren. Anfang der acht­zi­ger Jah­re such­te und fand ich einen Yoga­leh­rer, denn ich woll­te wegen schlim­mer Schlaf­pro­ble­me etwas für mei­nen Kör­per tun. Der wie­der­um erzähl­te mit leuch­ten­den Augen von – damals noch unbe­kann­ten – Retre­ats im Zazen und emp­fahl zum Ken­nen­ler­nen Rüt­te, ein klei­nes Dorf im Schwarz­wald nahe Todt­moos. Dort hat­te sich Karl­fried Graf Dürck­heim nie­der­ge­las­sen und eine Art The­ra­pie­dorf mit spi­ri­tu­el­ler Aus­rich­tung gegrün­det. Bei ihm lern­te ich Sit­zen im Zazen und den Umgang mit mei­nem Atem. Eini­ge Zeit spä­ter erfuhr ich durch Freun­de von Gun­du­la Mey­er in der Nähe von Braun­schweig, ehe­mals evan­ge­li­sche Pas­to­rin und – nach lan­gem Ler­nen in Japan – Zen-Meis­te­rin. Bei ihr war ich vie­le Jah­re auf dem „Ohof“, in äußerst stren­gen Retre­ats (12 Sitz­ein­hei­ten pro Tag. Ich hat­te vie­le Knie­schmer­zen und frag­te mich ins­ge­heim, ob das so rich­tig ist.

Auf einem Retre­at im „Wald­haus“ in der Eifel, bei Fumon Naka­ga­wa Roshi (Eisen­buch), – etwa 1994 – ent­deck­te ich die Bücher von Thich Nhat Hanh und wuss­te sehr bald, dass er mein Leh­rer sein wür­de. So fuhr ich nach „Plum Vil­la­ge“ in Süd­frank­reich in sein dor­ti­ges Zen­trum, ins­ge­samt zwei­mal. Ein Zen­trum vol­ler Son­ne und Hei­ter­keit. Dort gab es kei­ne Knie­schmer­zen, denn man streck­te sich oder hör­te auf, wenn es weh tat.

Zu mei­ner per­sön­li­chen Freu­de kam Thich Nhat Hanh seit 2010 ein Mal im Jahr zum Som­mer­retre­at in das von ihm gegrün­de­te Zen­trum in Wald­br­öl EIAB (Euro­päi­sches Insti­tut für ange­wand­ten Bud­dhis­mus), been­det durch sei­ne Krank­heit 2015. Im Mit­tel­punkt sei­ner Leh­re steht nicht nur Lie­be und Mit­ge­fühl, son­dern vor allem auch Freu­de und Glück. Beson­ders erin­ne­re ich: „Eltern müs­sen ihren Kin­dern ein Vor­bild sein. Ein Vor­bild im Glück­lich­sein.“ Dies ver­su­che ich.

3 schät­ze: Übst Du auch gemein­sam mit ande­ren in einer Gruppe?

Bar­be­lies Wieg­mann: Ja, alle zwei Wochen kom­men wir in unse­rer Sang­ha zusam­men, die mein Mann, Wer­ner Wieg­mann, gegrün­det hat und lei­tet. Wir üben Zazen (2 Run­den à 30 Minu­ten mit Kin­hin), rezi­tie­ren das Herz-Sutra, hören einen guten Text und spre­chen über die­sen Text nach der Tee-Zere­mo­nie. Zum Schluss ste­hen wir im Kreis Hand in Hand, und ich ver­ab­schie­de die Sang­ha mit dem Tibe­ti­schen Segens­spruch: „Mögen alle Wesen Glück erfah­ren und die Ursa­chen von Glück…“

3 schät­ze: Fällt Dir spon­tan eine Anek­do­te aus alten Zen Tagen ein?

Bar­be­lies Wieg­mann: Auf Anhieb fällt mir kei­ne eige­ne Anek­do­te ein. Eine bekann­te Anek­do­te, die ich beson­ders schät­ze, lau­tet: „Ein Schü­ler fragt sei­nen Meis­ter, „Was kommt nach dem Tod?“ Der Meis­ter ant­wor­tet: „Das weiß ich nicht“. Dar­auf der Schü­ler, etwas irri­tiert: „ Wie­so weißt du das nicht, Du bist doch ein Meis­ter!“ Dar­auf der Meis­ter: „Aber kein toter“.

3 schät­ze: Für mich per­sön­lich ist es sehr schön Dich und Wer­ner als Paar zu sehen, wel­ches sich auch im fort­ge­schrit­te­nen Alter sei­ne Offen­heit dem Leben gegen­über bewahrt hat. Als Rechts­an­wäl­tin für Fami­li­en­recht hast Du schon 1980 das Buch „Ende der Haus­frau­en­ehe“ (Rowohlt, ver­grif­fen) geschrie­ben. Wür­dest Du sagen, dass sich Eure Hal­tung aus der gemein­sa­men Zen Pra­xis speist und/oder auch aus Dei­nen Erfah­run­gen aus Dei­ner Zeit als Rechts­an­wäl­tin? Gibt es „Rezep­te“, die sich dar­aus erge­ben haben, Din­ge, die Ihr ein­fach anders ange­gan­gen seid?

Bar­be­lies Wieg­mann: Wir haben ganz schön gegen­ein­an­der gekämpft, beson­ders in den sieb­zi­ger und acht­zi­ger Jah­ren, wo Mono­ga­mie out war. Aber wir blie­ben im Gespräch, zuwei­len in Selbst­er­fah­rungs­grup­pen, jede‑r für sich oder in gemein­sa­men Grup­pen oder mit Freun­din­nen und Freun­den. Ich glau­be, das Schwers­te in einer Part­ner­schaft ist, das Anders­sein des Gegen­übers immer mehr wahr­zu­neh­men, zu akzep­tie­ren, gut damit zu leben und sich an den Gemein­sam­kei­ten zu freuen.

Sicher hat uns der gemein­sa­me Bud­dha­weg der Lie­be und des Mit­ge­fühls dabei gehol­fen; aber auch mei­ne Erfah­rung als Fami­li­en­an­wäl­tin, durch Berufs­tä­tig­keit von Bei­den kei­ne zu gro­ßen Abhän­gig­kei­ten ent­ste­hen zu las­sen. Ich war auch sehr aktiv in der Neu­en Frau­en­be­we­gung, die das Patri­ar­chat been­den woll­te und will.

3 schät­ze: In Dei­nem Leben hat heu­te ja nicht nur die Medi­ta­ti­on ihren Platz, son­dern auch die Media­ti­on. Kannst Du zu Dei­nem Beruf oder Dei­ner Beru­fung noch in paar Wor­te erzählen?

Bar­be­lies Wieg­mann: Als Rechts­an­wäl­tin im Fami­li­en­recht war ich mit­ten­drin in grau­en­haf­ten Ehe- und Schei­dungs­krie­gen, in denen das letz­te hei­le Por­zel­lan zer­schla­gen wur­de. In der Regel zah­len dann die Kin­der die Zeche. Des­halb war ich glück­lich, als Anfang der neun­zi­ger Jah­re ein neu­er Weg der Kon­flikt­lö­sung aus USA ins Land kam, näm­lich die Media­ti­on, in der eine neu­tra­le drit­te Per­son den Kon­flikt­par­tei­en hilft, eine für alle fai­re und befrie­di­gen­de Lösung des Kon­flikts zu errei­chen. Ich habe sofort eine Aus­bil­dung gemacht – damals noch bei tol­len ame­ri­ka­ni­schen Leh­rern – und seit­dem bin ich aus­schließ­lich als Media­to­rin tätig. Ich betrach­te mei­ne Arbeit als ein Stück Frie­dens­ar­beit, für die Gesell­schaft, aber vor allem für die Kinder.

3 schät­ze: Herz­li­chen Dank für die­ses Gespräch…

Infos: www​.bar​be​lies​-wieg​mann​.de

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