Netzwerk Buddhismus in Bonn – Ein Gespräch mit Barbelies Wiegmann

Bar­be­lies Wieg­mann, Zen-Prak­ti­zie­ren­de seit einer Zeit, als das Sit­zen in Stil­le noch etwas sehr exo­ti­sches war, hat sich auf­ge­macht ein Netz­werk Bud­dhis­mus in Bonn zu grün­den. Zeit für ein Interview…

3 schät­ze: Lie­be Bar­be­lies, ich freue mich, dass wir die­ses klei­ne Inter­view füh­ren. Magst Du kurz etwas zu Dei­ner Per­son erzählen?

Bar­be­lies Wieg­mann: Von Hau­se aus bin ich Rechts­an­wäl­tin mit dem Schwer­punkt Fami­li­en­recht. Aber schon seit fast 20 Jah­ren arbei­te ich als Anwalts-Media­to­rin in Familienkonflikten.

3 schät­ze: Obwohl wir ja bei­de auf dem Zen Weg wan­deln und hier im schö­nen Bonn woh­nen, haben wir uns erst vor etwas über einem Jahr wirk­lich ken­nen­ge­lernt, als Du das „Netz­werk Bud­dhis­mus in Bonn“ ins Leben geru­fen hast. Was war die Moti­va­ti­on für ein sol­ches Netzwerk?

Bar­be­lies Wieg­mann: Nach und nach erfuhr ich, dass es in Bonn zahl­rei­che bud­dhis­ti­sche Gemein­schaf­ten gibt, die kaum oder gar nichts vor­ein­an­der wis­sen. Das woll­te ich ändern, denn auch bei der tra­di­tio­nell ver­schie­de­nen Pra­xis der Grup­pen sind doch alle im Grun­de auf dem Weg des Bud­dha. Ich wünsch­te mir neben mei­ner klei­nen Sang­ha auch eine gro­ße Sang­ha Bonn, damit wir uns unter­ein­an­der ken­nen ler­nen, über Gemein­sam­kei­ten und Unter­schie­de reden und gemein­sa­me Pro­jek­te pla­nen – aber auch, damit der Bud­dhis­mus in Bonn Gesicht und Stim­me haben kann.

3 schät­ze: Machen alle oder doch die meis­ten bud­dhis­ti­schen Grup­pen in Bonn mit?

Bar­be­lies Wieg­mann: Soweit ich sehe, sind fast alle Grup­pen am Netz­werk inter­es­siert und machen auch mit, natür­lich man­che mehr und man­che weniger.

3 schät­ze: Wel­che Ideen ver­folgt das Netz­werk? Gibt es gemein­sa­me Projekte?

Bar­be­lies Wieg­mann: Bis jetzt gibt es zwei gemein­sa­me Pro­jek­te: Seit 2016 ist eine Film­rei­he in der Bon­ner Kine­ma­thek (Brot­fa­brik) ent­stan­den, in der jeden vier­ten. Mitt­woch im Monat ein Film mit bud­dhis­ti­scher The­ma­tik gezeigt wird.

Das zwei­te gemein­sa­me Pro­jekt ist die gemein­sa­me Fei­er des Vesakh-Fes­tes. Die­ses Fest haben wir zum ers­ten Mal im Mai die­ses Jah­res, tra­di­ti­ons­über­grei­fend, sehr schön und wür­de­voll gefei­ert. Für 2018 pla­nen wir eine sol­che Fei­er, viel­leicht im grö­ße­ren Rah­men. Wei­te­re Pro­jek­te sind möglich.

3 schät­ze: Was ist Dei­ne Rol­le als Koordinatorin?

Bar­be­lies Wieg­mann: Zunächst habe ich ein ers­tes Tref­fen im April 2016 orga­ni­siert, nach­dem ich vor­her end­lich erfolg­reich beim Ermit­teln aller Adres­sen war. Seit­dem grei­fe ich alle Mit­tei­lun­gen, Vor­schlä­ge und Anre­gun­gen von Ein­zel­nen oder aus Grup­pen auf und lei­te sie an alle übri­gen wei­ter, manch­mal stel­le ich die­se zur Diskussion..

Für 2017 hat­te ich bereits im März zu einem Tref­fen ein­ge­la­den. Ein neu­es Tref­fen steht an im Herbst, vor allem, um das Vesakh-Fest 2018 vorzubereiten.

3 schät­ze: Gibt es schon Plä­ne, wie das Vesakh Fest im kom­men­den Jahr gestal­tet wer­den soll?

Bar­be­lies Wieg­mann: Es gibt bis­her nur eini­ge Vor­schlä­ge. Eini­ge möch­te am liebs­ten die­ses Fest ger­ne in der Öffent­lich­keit drau­ßen fei­ern, ande­re haben da noch Beden­ken. Mal schauen…

3 schät­ze: Wie lan­ge prak­ti­zierst Du schon Zazen? Siehst Du Dich in einer bestimm­ten Tradition?

Bar­be­lies Wieg­mann: Ich prak­ti­zie­re Zazen seit über 30 Jah­ren. Anfang der acht­zi­ger Jah­re such­te und fand ich einen Yoga­leh­rer, denn ich woll­te wegen schlim­mer Schlaf­pro­ble­me etwas für mei­nen Kör­per tun. Der wie­der­um erzähl­te mit leuch­ten­den Augen von – damals noch unbe­kann­ten – Retre­ats im Zazen und emp­fahl zum Ken­nen­ler­nen Rüt­te, ein klei­nes Dorf im Schwarz­wald nahe Todt­moos. Dort hat­te sich Karl­fried Graf Dürck­heim nie­der­ge­las­sen und eine Art The­ra­pie­dorf mit spi­ri­tu­el­ler Aus­rich­tung gegrün­det. Bei ihm lern­te ich Sit­zen im Zazen und den Umgang mit mei­nem Atem. Eini­ge Zeit spä­ter erfuhr ich durch Freun­de von Gun­du­la Mey­er in der Nähe von Braun­schweig, ehe­mals evan­ge­li­sche Pas­to­rin und – nach lan­gem Ler­nen in Japan – Zen-Meis­te­rin. Bei ihr war ich vie­le Jah­re auf dem „Ohof“, in äußerst stren­gen Retre­ats (12 Sitz­ein­hei­ten pro Tag. Ich hat­te vie­le Knie­schmer­zen und frag­te mich ins­ge­heim, ob das so rich­tig ist.

Auf einem Retre­at im „Wald­haus“ in der Eifel, bei Fumon Naka­ga­wa Roshi (Eisen­buch), – etwa 1994 – ent­deck­te ich die Bücher von Thich Nhat Hanh und wuss­te sehr bald, dass er mein Leh­rer sein wür­de. So fuhr ich nach „Plum Vil­la­ge“ in Süd­frank­reich in sein dor­ti­ges Zen­trum, ins­ge­samt zwei­mal. Ein Zen­trum vol­ler Son­ne und Hei­ter­keit. Dort gab es kei­ne Knie­schmer­zen, denn man streck­te sich oder hör­te auf, wenn es weh tat.

Zu mei­ner per­sön­li­chen Freu­de kam Thich Nhat Hanh seit 2010 ein Mal im Jahr zum Som­mer­retre­at in das von ihm gegrün­de­te Zen­trum in Wald­br­öl EIAB (Euro­päi­sches Insti­tut für ange­wand­ten Bud­dhis­mus), been­det durch sei­ne Krank­heit 2015. Im Mit­tel­punkt sei­ner Leh­re steht nicht nur Lie­be und Mit­ge­fühl, son­dern vor allem auch Freu­de und Glück. Beson­ders erin­ne­re ich: „Eltern müs­sen ihren Kin­dern ein Vor­bild sein. Ein Vor­bild im Glück­lich­sein.“ Dies ver­su­che ich.

3 schät­ze: Übst Du auch gemein­sam mit ande­ren in einer Gruppe?

Bar­be­lies Wieg­mann: Ja, alle zwei Wochen kom­men wir in unse­rer Sang­ha zusam­men, die mein Mann, Wer­ner Wieg­mann, gegrün­det hat und lei­tet. Wir üben Zazen (2 Run­den à 30 Minu­ten mit Kin­hin), rezi­tie­ren das Herz-Sutra, hören einen guten Text und spre­chen über die­sen Text nach der Tee-Zere­mo­nie. Zum Schluss ste­hen wir im Kreis Hand in Hand, und ich ver­ab­schie­de die Sang­ha mit dem Tibe­ti­schen Segens­spruch: „Mögen alle Wesen Glück erfah­ren und die Ursa­chen von Glück…“

3 schät­ze: Fällt Dir spon­tan eine Anek­do­te aus alten Zen Tagen ein?

Bar­be­lies Wieg­mann: Auf Anhieb fällt mir kei­ne eige­ne Anek­do­te ein. Eine bekann­te Anek­do­te, die ich beson­ders schät­ze, lau­tet: „Ein Schü­ler fragt sei­nen Meis­ter, „Was kommt nach dem Tod?“ Der Meis­ter ant­wor­tet: „Das weiß ich nicht“. Dar­auf der Schü­ler, etwas irri­tiert: „ Wie­so weißt du das nicht, Du bist doch ein Meis­ter!“ Dar­auf der Meis­ter: „Aber kein toter“.

3 schät­ze: Für mich per­sön­lich ist es sehr schön Dich und Wer­ner als Paar zu sehen, wel­ches sich auch im fort­ge­schrit­te­nen Alter sei­ne Offen­heit dem Leben gegen­über bewahrt hat. Als Rechts­an­wäl­tin für Fami­li­en­recht hast Du schon 1980 das Buch „Ende der Haus­frau­en­ehe“ (Rowohlt, ver­grif­fen) geschrie­ben. Wür­dest Du sagen, dass sich Eure Hal­tung aus der gemein­sa­men Zen Pra­xis speist und/oder auch aus Dei­nen Erfah­run­gen aus Dei­ner Zeit als Rechts­an­wäl­tin? Gibt es „Rezep­te“, die sich dar­aus erge­ben haben, Din­ge, die Ihr ein­fach anders ange­gan­gen seid?

Bar­be­lies Wieg­mann: Wir haben ganz schön gegen­ein­an­der gekämpft, beson­ders in den sieb­zi­ger und acht­zi­ger Jah­ren, wo Mono­ga­mie out war. Aber wir blie­ben im Gespräch, zuwei­len in Selbst­er­fah­rungs­grup­pen, jede‑r für sich oder in gemein­sa­men Grup­pen oder mit Freun­din­nen und Freun­den. Ich glau­be, das Schwers­te in einer Part­ner­schaft ist, das Anders­sein des Gegen­übers immer mehr wahr­zu­neh­men, zu akzep­tie­ren, gut damit zu leben und sich an den Gemein­sam­kei­ten zu freuen.

Sicher hat uns der gemein­sa­me Bud­dha­weg der Lie­be und des Mit­ge­fühls dabei gehol­fen; aber auch mei­ne Erfah­rung als Fami­li­en­an­wäl­tin, durch Berufs­tä­tig­keit von Bei­den kei­ne zu gro­ßen Abhän­gig­kei­ten ent­ste­hen zu las­sen. Ich war auch sehr aktiv in der Neu­en Frau­en­be­we­gung, die das Patri­ar­chat been­den woll­te und will.

3 schät­ze: In Dei­nem Leben hat heu­te ja nicht nur die Medi­ta­ti­on ihren Platz, son­dern auch die Media­ti­on. Kannst Du zu Dei­nem Beruf oder Dei­ner Beru­fung noch in paar Wor­te erzählen?

Bar­be­lies Wieg­mann: Als Rechts­an­wäl­tin im Fami­li­en­recht war ich mit­ten­drin in grau­en­haf­ten Ehe- und Schei­dungs­krie­gen, in denen das letz­te hei­le Por­zel­lan zer­schla­gen wur­de. In der Regel zah­len dann die Kin­der die Zeche. Des­halb war ich glück­lich, als Anfang der neun­zi­ger Jah­re ein neu­er Weg der Kon­flikt­lö­sung aus USA ins Land kam, näm­lich die Media­ti­on, in der eine neu­tra­le drit­te Per­son den Kon­flikt­par­tei­en hilft, eine für alle fai­re und befrie­di­gen­de Lösung des Kon­flikts zu errei­chen. Ich habe sofort eine Aus­bil­dung gemacht – damals noch bei tol­len ame­ri­ka­ni­schen Leh­rern – und seit­dem bin ich aus­schließ­lich als Media­to­rin tätig. Ich betrach­te mei­ne Arbeit als ein Stück Frie­dens­ar­beit, für die Gesell­schaft, aber vor allem für die Kinder.

3 schät­ze: Herz­li­chen Dank für die­ses Gespräch…

Infos: www​.bar​be​lies​-wieg​mann​.de

Autor: San Bo Dojo

Das SAN BO DOJO hat seinen Anfang im Oktober 1994. Das Zazen, das praktiziert wird, steht in der Linie des Soto-Zen. Verantwortlicher Leiter des Dojos ist der Zen Mönch Patrick Ho Kai Damschen. Er praktiziert Zazen seit 1999 und wurde von Zen-Meister Roland Yuno Rech ordiniert. Das KÔ GETSU AN, die Einsiedelei klarer Mond ist der zweite Ort, unweit von Bonn, inmitten von Feldern und Wiesen. In Kooperation mit dem Zen Dojo Bonn e.V. finden dort Zen Tage, Sesshins, Bogenschiessen, Sensory Awareness und Permakultur statt. Geleitet wird das Haus von Zen-Nonne Johanna Ho Ka, Schülerin von Christoph Rei Ho Hatlapa Roshi und Zen-Mönch Patrick Ho Kai Damschen. Regelmäßige Zazen-Zeiten: Montag 19:00 Uhr Dienstag 19:00 Uhr Mittwoch 06:30 Uhr (Zoom) Donnerstag 19:00 Uhr Samstag 09:00 Uhr Sonntag 09:00 - 17:00 (Zen Tage nach Ankündigung)